Ende Oktober habe ich die Ehre, bei einer Vernissage an meiner Hochschule das Eröffnungsprogramm zu liefern.
Bei der Generalprobe am Vorabend frieren wir uns fast alles ab, denn die Veranstaltung findet im Freien statt. Ich glaube, ohne Handschuhe würde das eiskalte Mikro noch jetzt an meiner Handfläche kleben.
Aber die Inszenierung und die Location sind der Hit, wie ihr seht 🙂
Es geht um in Ytong gemeiselte Gesichter und Skulpturen, die von Studierenden des Schwerpunkts Bildnerische Erziehung angefertigt wurden. Das Ganze trägt den Titel
„Faces & Farces“ und soll wirkungsvoll präsentiert werden.
Die Regisseurin hat eine Menge damit zu tun, Musiker, Sprecher, Performer, Licht-, Effekt- und Toninszenierung und meinen Auftritt zu koordinieren…das gelingt ihr letztlich bestens, sodass wir mit der Generalprobe zufrieden sind.
Am nächsten Abend ist es genauso bitterkalt. Ich frage mich, ob außer uns Teilnehmenden irgend jemand freiwillig zu diesem Event erscheinen wird. Bis fünf Minuten vor Beginn sieht es nicht danach aus. Ich stapfe, den Text im Kopf immer und immer wieder runterratternd (denn ich hatte ihn erst vor zwei Tagen geschrieben und musste ihn bei der Generalprobe noch lesen), um einen Baum herum und versuche nicht über Wurzeln zu stolpern, denn es ist ziemlich finster in meinem Versteck hinter der Steintribüne, von wo aus ich erscheinen soll.
Dann beginnen die Musiker zu spielen. Ich spähe durch die Büsche in den Hof und stelle fest, dass tatsächlich 40 oder 50 Leute gekommen sind!
Die Musik verklingt und es wird still – das ist mein Zeichen.
Ich bahne mir vorsichtig den Weg hinauf zur Tribüne (und yeah, weder gestolpert noch ausgerutscht noch irgendwo hängengeblieben!), atme aus und lege los. Als ich den ersten Teil perfekt hinter mich gebracht hab bin ich extrem erleichtert und genieße die Show so sehr, dass ich sogar vergesse wie kalt mir ist. Alles läuft wunderbar, bis…ja, bis es doch passiert: Text-Blackout.
Mir fällt einfach nicht mehr ein, wie es weitgeht! Ich krame nach dem Text in meiner Manteltasche und suche in der Dunkelheit nach einem rettenden Stichwort. Das Ganze dauert höchstens Sekunden, kommt mir aber unerträglich lange vor.
Doch was dann kommt, werde ich wohl nie vergessen: Plötzlich höre ich, wie die Leute rhythmisch zu klatschen beginnen und im Chor „Wir wollen mehr!“ rufen. Ich spüre dass ich grinse, finde mein Stichwort und komme problemlos wieder in den Textflow hinein. Ein unbeschreibliches Gefühl 🙂
Am Schluss verbeuge ich mich, verschwinde zurück ins Dickicht, drücke der Regisseurin mein Mikrofon in die Hand und schlendere gemütlich durch den Garten in Richtung Publikum.
Menschen, die ich nicht kenne, klopfen mir auf die Schulter, schütteln mir die Hand und fragen mich, ob ich ihnen diesen Text per Mail schicken würde. Irgend jemand will wissen, ob ich für diese Veranstaltung gebucht wurde oder ob ich hier studiere. Wie lange ich das schon mache, ob ich schon einmal dort oder da aufgetreten bin usw.
Totale Liebe, Leute. Anders kann ichs nicht beschreiben.
Ein grandioser Abend, der mir klar machte, warum ich slamme…weil´s magisch ist 🙂